Literaturwanderung

Samstag, 30. Juli 2016

Landschaft lesen IV – mit Leo Tuor

Leo Tuor (*1959 in Sumvitg) hat vierzehn Sommer als Schafhirt auf der Greina-Hochebene verbracht. Diese Erfahrungen nähren bis heute sein langsam entstandenes Werk. Giacumbert Nau heisst sein erstes Buch (1988) – es erzählt in knappen Fragmenten aus dem Leben des gleichnamigen Schafhirten und ist neben dem jagdkritischen Settembrini, Leben und Meinungen zum Kultbuch geworden. Die Vorfahren «waren Hirten, Bauern und Jäger, keine Diplomaten, keine Offiziere, keine Priester. Väterlicher- und mütterlicherseits spielen die Frauen die wichtigsten Rollen. Die Männer sterben zum Teil früh, auffallend oft anfangs Mai», liest man auf der Website des Schrifstellers. Sein Hauptwerk ist die Surselver Trilogie: Giacumbert Nau, Onna Maria Tumera (2002), Settembrini, veta e meinis (2006). Diese Werke wurden mehrfach vertont und szenisch umgesetzt. 

2014 ist Cavrein erschienen, ein Roman, der an Settembrini und die (Ent)Mythologisierung der Jagd anknüpft. 2016 vernimmt man Tuors jüngstes literarisches Echo: den Sammelband Auf der Suche nach dem verlorenen Schnee. In den Erzählungen und Essays wird etwa die Lawine, einst ein Verhängnis, zur Quelle von Subventionen und Medienaufmerksamkeit. Der Bergler, entweder schweigend oder schwatzhaft, lebt mit Geistern, Heiligen und Tieren. Der Stil, so unaufgeregt wie poetisch, fesselt. Der Autor erklärt Lebensräume zur Welt, die dem Klischee und dem Zeitgeist trotzen. Die Magie dieser Sprache gleicht Musik und sichert dem stillen Autor einen ersten Platz in der Weltliteratur.

 
 
 

Foto Ayse Yavas (23x36cm, 300dpi)
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Literaturwanderung: Landschaft lesen mit Leo Tuor
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